Sturmfahrt

Hoch am Wind 

Was soll man machen, wenn uns Corona so viel zumutet und wir als Motorradreisende nicht wirklich weg können. Dann bleiben nur noch die kleine Fluchten aus dem Alltag oder besser gesagt, die sogenannten Mikroabenteuer. 

Für mich, der direkt an der Ostsee wohnt, und somit das Salzwasser und das Wetter mit der Muttermilch aufgesogen hat, ist der Wind immer ein wichtiger Aspekt. Entweder Flach- oder Hochwasser, beides wird bestimmt durch den Wind oder Sturm und dessen Richtung. Jetzt war für das Wochenende wieder Sturm mit Orkanböen bis Stärke 12 aus NW angesagt. 

Ich weiß, dass viele sich denken, wie kann man bei dem Wetter ans Motorrad fahren denken, aber der Wind hatte mich noch nie wirklich gestört. Es gab nur einmal eine Situation, wo ich wirkliche Schwierigkeiten mit dem Bike hatte. Dies war an der kroatischen Küste, wo mich völlig unvermittelt eine starke Böe der Bora traf. Der Bora, ein Fallwind, gehört mit zu den stärksten Winden weltweit. Ich musste sogar stehenbleiben und konnte froh sein, nicht umgeworfen zu werden. Glücklicherweise ließ der Sturm nach, und ich war nach einigen Kilometern aus der Gefahrenzone. 

Dagegen war der Sturm hier noch relativ harmlos. So entschloss ich mich, früh morgens um 6 Uhr vor Sonnenaufgang Richtung Fehmarn zu fahren und evtl. ein paar schöne Aufnahmen zu machen. Den Abend vorher fragte ich Carsten, ob er mitkommen wolle. Spontan sagte er zu, und wir verabredeten einen Treffpunkt in Lütjenburg. Ich traf pünktlich ein, dies lag mitunter auch daran, dass ich die ganze Zeit Rückenwind hatte und dementsprechend gut vorankam. 

Als ich ankam und auf mein Handy schaute, sah ich schon die ersten Nachrichten von Carsten, sein Mopped sprang nicht an, da die Batterie nicht mehr genügend Saft hatte. Er wollte mich aber nicht hängen lassen, und nahm stattdessen das Auto. So fuhren wir denn gemeinsam nach Fehmarn. Aber schon weit vor dem Kleiderbügel, so nennen Insulaner ihre Brücke, sahen wir schon Blaulicht und rote Bremslichter – dies versprach nichts Gutes. Ein LKW hatte sich auf die Seite gelegt, an ein Weiterkommen war so schnell nicht zu denken. 

Wir disponierten um und nahmen Kurs Richtung Heiligenhafen. Hier kannte Carsten einen Platz direkt am Strand, der noch frei befahrbar war. Dort angekommen, pustete es noch ganz schön ordentlich, aber der Wind ließ schon etwas nach. Wir wollten aber noch einen Versuch wagen, um unser heutiges Ziel Fehmarn zu erreichen. Und siehe da, der Verkehr hatte sich aufgelöst und wir hatten freie Fahrt. Leider befand sich auf der Brücke eine Baustelle mit Gerüsten und Bauplanen und durch diese entstand eine Art Windschutz. Was sich zuerst gut anhört, ist, als Biker, leider ziemlich ätzend, denn wenn man den Windschutz verlässt, stürzt der Sturm mit voller Wucht wieder auf einen ein. 

Welche Wirkung dies haben kann, sahen wir auf der anderen Seite der Brücke. Hier stand ein BMW, der frontal in eine Betonsperre gefahren war und immer noch feststeckte. Vielleicht war der Fahrer auch nur übermüdet oder zu schnell und hatte das Hinweisschild übersehen. Wie auch immer, der Wagen war jedenfalls ein Totalschaden.

Leider war der Sonnenaufgang nicht so wundervoll wie erhofft und die Brücke in diesem Zustand auch nicht unbedingt eine Schönheit. So beschlossen wir, für heute Schluss zu machen und pünktlich zum Frühstück wieder zu Hause zu sein. 

Fazit: Auch spontane kleine Fluchten aus dem Alltag können sich lohnen. Beim zu Bett gehen schaute ich nachts noch aus dem Fenster und sah einen sternenklaren Himmel mit totaler Windstille. Welch ein Kontrast zu den Tagen zuvor.

4 Kommentare

  1. Ein mit dem Motorrad frei befahrbarer Strand! Wie geil ist das denn! Ich hatte geglaubt, dass es so etwas gar nicht mehr gibt.

    Herzliche Grüsse aus der Schweiz 🇨🇭
    http://www.derhalbhartemann.com

    • Nein, eigentlich eine illegale Nutzung. Dort fahren Bootseigner zum Slippen runter, wir haben die Auffahrt nur kurz zum Bilder machen benutzt um die Sturm näher zu bringen. Sonst machen wir sowas garnicht um ehrlich zu sein 😉

      Aber in Dänemark gibt es noch einige Strände an der Westküste, die du frei befahren darfst. Infos bekommst du über Visitdenmark

  2. Das Problem mit der Batterie hatte ich auch bereits einmal. Seitdem besitze ich eine entsprechende Powerbank mit entsprechend starker Steckdose am Motorrad
    https://www.m-u-s.com/Zubehoer/Starthilfe-Steckdose-fuer-Motorraeder. Das gibt Sicherheit im Fall der Fälle.
    Gruß
    Thorsten

  3. ..das ist der richtige Spirit 👍
    Das hat Carsten ja gut gelöst um Dich doch noch begleiten zu können…..

    Grüße
    Arnd

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