Chile und Argentinien Teil 3

Chile und Argentinen

Teil 3

Nach einer kurzen und unruhigen Nacht kommen wir morgens in Puerto Raúl Marín Balmaceda an. Mit uns verlassen nur zwei weitere Fahrzeuge die Fähre. Der Hafen liegt rund 90 Kilometer von der „Hauptstrasse“ der Carretera Austral, der Ruta 7, entfernt.

Für uns war dieser Teil einer der Angenehmsten, weil kein Verkehr herrschte und wir entsprechend entspannt fahren und die Landschaft mit all ihrer Schönheit in uns aufnehmen konnten. Nach dem Aufenthalt auf Chiloé hatten unsere „Festplatten“ auch wieder genug Speicherplatz für neue Eindrücke.



Kurz vor der Ruta 7 entstand dann dieses Bild, welches heute bei mir ein Garant für gute Laune und Entspannung ist. 

Von dort folgten wir für rund 800 Kilometer der Ruta 7, besser bekannt als Carretera Austral. Die Landschaft wandelte sich von Regenwald erst zu kargen Hochebenen und dann zu sattem Grün. Der Abwechslungsreichtum dieser 800 Kilometer langen Strasse sucht meiner Erfahrung nach seinesgleichen. 

Wir fahren an dem Tag noch einige Kilometer bis Puerto Puyuhuapi. Auf Chiloé hatten wir „unsere“ Parkranger nach typisch chilenischen Speisen gefragt. Beim Thema Getränke war die Antwort sofort klar: Pisco

Im nächsten Supermarkt war die Auswahl der Getränke dann schnell geklärt. Pisco, Tomaten und Avocados waren fortan beständiger Teil unseres Abendessens:

Auf dem Campingplatz trafen wir dann 4 junge Frauen aus Israel, mit denen wir uns nett unterhielten. Alle 4 hatten grade ihren Wehrdienst beim israelischen Militär beendet und wollten erstmal Urlaub machen. Sie hatten einen Mietwagen und befuhren ebenfalls die Carretera Austral. 

Auf der Carretera finden sich immer wieder Spuren deutscher Auswanderer. Beim Namen Helmut Hopperdietzel denkt man eher an seinen Nachbarn, als an einen Chilenen. 

Besagter Herr Hopperdietzel sollte mir auf der Reise noch öfter begegnen, wenn auch in deutlich anderer Form:

Der Abschnitt zwischen Puerto Puyuhuapi und Coihaique war fahrererisch deutlich ansprungsvoller als die Route am Vortag. Der Asphalt endete und ging in Schotter über. Für uns war dies erstmal eher ein Grund zur Freude als zur Sorge. Wir hatten das grosse Glück, dass es nicht regnete. Der Pass Cuesta Queulat ist fahrerisch spanned: Eine Mischung aus Schotter und Sand, sowie enge Kurven und Schlaglöcher können auch schnell zu einer echten Herausforderung werden. Dank einer Baustelle auf der Passhöhe hatten wir jedoch keinen nennenswerten Gegenverkehr und konnten die Strecke in vollen Zügen geniessen. 

Kurz hinter Villa Manihuales bogen wir auf die Strasse X50 ab, welche einem Tal folgte um dann über die Strasse 240 wieder auf die Ruta 7 zu führen. Der Ausflug über die X50 und die 240 war landschaftlich und olfaktorisch eine Wucht. Tausende farbenfroher Pflanzen, die dazu unglaublich dufteten. Leider standen wir kurz vor der Ruta 7 wieder in einer Baustelle und mussten rund 20 Kilometer hinter einem LKW herfahren, der zum einen sehr unangenehm roch und zum anderen eine ordentliche Staubwolke aufwirbelte.

In Coihaique versorgten wir uns wieder mit dem Üblichen und fuhren dann auf den örtlichen Campingplatz, der schlicht „El Camping“ hiess. Er stellte sich als absoluter Glücksgriff heraus: Der Platz liegt in einem kleinen Tal, hohe Bäume spenden angenehmen Schatten, jeder Platz hat fliessend Wasser und obendrein hat der ganze Platz Wifi. Obendrein konnte man die einheimische Fauna beobachten. Zufällig trafen wir auch wieder die 4 Frauen aus Israel und freuten uns alle über diesen lustigen Zufall.


Als wir am nächsten Tag weiterwollten waren wir etwas erstaunt über die massive Polizeipräsenz in der Stadt. Eine kurze Nachfrage beim Tankwart ergab, dass es der Tag der Präsidentschaftswahl war. Aus Deutschland waren wir es nicht gewohnt das solche Ereignisse dem Schutz der Polizei bedurften und waren entsprechend überrascht. Da die Gaskartusche unseres Kochers leer war, fuhren wir noch schnell in den örtlichen Baumarkt um eine Neue zu kaufen. Der Parkplatz war mit einer Schrankenanlage gesichert. Nachdem wir das Gas gekauft und verpackt hatten, wunderten wir uns bereits über den Stau auf dem Parkplatz. Das Verlassen des Parkplatzes erinnerte mich ein wenig an Passierschein A38 aus Asterix. 

1. Man kauft ein und bekommt einen Kassenbon

2. Man geht mit seiner Ware und dem Kassenbon zum Sicherheitsmann am Ausgang des Supermarktes. Dieser prüft, ob die Waren denen auf den Kassenbon entsprechen und stempelt den Kassenbon.

3. Mit dem gestempelten Kassenbon fährt man an die Schranke heran. Dort prüft eine Mitarbeiterin nochmals den Stempel und öffnet dann manuell die Schranke. Das mag funktionieren wenn 5 Leute in dem Baumarkt einkaufen. Bei einem vollen Parkplatz mit mehr als 100  Fahrzeugen ist diese Art der Ausfahrkontrolle jedoch wenig praxistauglich. 

Da in unserem Fall jedoch rund 30 Fahrzeuge an der Schranke standen und uns die Sonne mit 35 Grad auf die Helme schien, entschieden wir uns für den kurzen Dienstweg und fuhren einfach an der Schranke vorbei. Hätte uns jemand angehalten, hätten wir einfach den „Es tut mir Leid, ich spreche kein Spanisch“ Joker gezogen. 

Unser nächstes Ziel war der Lago General Carrera, oder Lago Buenos Aires wie der See auf argentinischer Seite heisst. Dort wollten wir unter anderem Weihnachten verbringen. Der Weg dorthin führte durch den Nationalpark Cerro Castillo.

Die Strasse war mittlerweile wieder asphaltiert und erlaubte ein wunderbares Dahingleiten. Die Serpentinen den Berg Cerro Castillo herab waren dabei ein besonderes Vergnügen:

Entlang des Weges sahen wir einen alten Schulbus, welcher als Imbiss diente. Wir gönnten uns ein leckeres Sandwich mit Blick auf das Bergmassiv.


Die zunehmende Hitze in Verbindung mit fehlendem Wind machte uns etwas zu schaffen. Der Wechsel von Asphalt zu grobem und tiefem Schotter führte leider dazu das Laura stürzte. Glücklicherweise sah es schlimmer aus als es eigentlich war. Die Sturzbügel taten ihren Dienst und Laura hatte nichts ausser einem Schreck davongetragen. 

Unser Tagesziel Puerto Rio Tranquilo war hier bereits zu greifen nahe. Dort wollten wir die berühmten Marmorhöhlen besichtigen.

Die Ankunft am Lage General Carrera war eine Wohltat, brachte er doch endlich die gewünschte Abkühlung.

Wir fuhren zum Campingplatz Rio Chirifo, wo wir einige wundervolle Begegnungen hatten.

Natürlich trafen wir wieder „unsere“ Israelis:

Auf der oberen der beiden Zeltwiesen sahen wir dann zwei BMWs. Die eine gehörte David, einem Chilenen der die Carretera bereiste. Die andere BMW gehörte Domenik aus Dresden, der die Carretera von Süd nach Nord bereiste. Die beiden waren tatsächlich die ersten Motorradfahrer die wir seit Brian an der Laguna del Maule trafen. Entsprechend gab es viel zu erzählen. 

Beim Anmelden fragten uns die Betreiber ob wir Interesse an einer Gletschertour hätten. Wir bejahten. Am nächsten morgen um 06:00 ging es los zum Exploradores Gletscher. Mit von der Partie waren Benno und Melli aus Hamburg. So klein ist die Welt. Der Moment als sie uns auf dem Campingplatz mit „Moin“ begrüßten war herrlich. Laura, die grundsätzlich alles und jeden, unabhängig vom Ort, mit „Moin“ begrüßt guckte ziemlich verdutzt. 

Wir wanderten etwa zwei Stunden bis zum Gletscher. Dort wurden wir mit Schutzausrüstung ausgestattet und begannen den Gletscher zu begehen. Eine wunderbare und einzigartige Erfahrung, die uns jedoch sehr nachdenklich machte. Hier an den Gletschern war der Klimawandel hautnah zu erleben. Momentan wird davon ausgegangen, dass es den Exploradoresgletscher in etwa 10 Jahren nicht mehr geben wird. 


Durch beide Wanderungen, den Aufenthalt und den An- und Abreise zum Gletscher wurde es ein langer und intensiver Tag. Zurück auf dem Campingplatz begaben wir uns zum Gemeinschaftsraum, welcher auch die Küche enthielt. Bei traumhaftem Ausblick auf den See und die dahinterliegenden Anden, genossen wir unser Abendessen und ein Bier. Wir kamen mit Johnson ins Gespräch, einem Amerikaner der aus Taiwan stammte. Es wurde ein sehr interessantes und spannendes Gespräch. Im Verlauf unserer Reise sollten wir Johnson noch mehrmals wiedertreffen. Mit seiner Gitarre und seiner bunten Jacke hatte er überall den Status des liebenswerten bunten Hundes, er die Menge stets hervorragend unterhielt.

Am nächsten Tag war es dann soweit: Wir buchten eine Bootstour zu den Capillas de Marmol. Die Höhlen sind übrigens nicht aus Marmor, sie weisen nur die wellenartige Struktur von Marmor auf. Nichtsdestrotrotz sind sie ein atemberaubendes Naturdenkmal:

Für uns endete die Zeit in Puerto Rio Tranquilo. Wir haben dort viele tolle Menschen getroffen, zu einigen haben wir heute noch Kontakt. Auch dieser kleine Zeitgenosse war sehr traurig als wir ihm sein Schattenplätzchen nehmen mussten:

Der Fahrtag war für uns jedoch recht kurz: Wir fuhren nur rund 80 Kilometer auf die andere Seeseite. Dort wollten wir in einer Lodge Weihnachten verbringen. Wir waren froh nun ein bisschen Zeit zu haben die zahlreich gewonnen Eindrücke zu verarbeiten. Auf dem Weg nach Puerto Guadal kamen wir noch an dieser hübschen Brücke vorbei:


Wir verbrachten 3 wunderbare Tage in der Terra Luna Lodge. Wir hatten uns ein Domo gemietet, so wie auf Chiloé. An Weihnachten hatten wir ausserdem ein Essen im Haupthaus bestellt. 

Mit uns war eine deutsche Familie anwesend. Der Dialog den wir beim Frühstück am Abreisetag mitbekamen, sprach dafür das sie eine sehr entspannte Zeit in Chile verbringen wollten:

„Also Familie, es ist jetzt 08:32 Uhr! Laut Reiseplan sollten wir schon seit 2 Minuten im Auto sitzen, also los jetzt!“

Laura und ich haben uns dann noch einen Kaffee bestellt.

Dies sollte unser letzter Reisetag auf der der Ruta 7 werden. Wir waren etwas traurig, aber gleichzeitig voller Vorfreude auf den südlichen Teil von Patagonien. Die Strasse führte zunächst durch eine Hochebene, wo Guanacos unseren Weg blockierten.

Im Tal floss der Rio Baker, welcher sehr bekannt für Wildwasserrafting ist.

Hinter Cochrane wechselte die Landschaft und wir fuhren durch ausgedehnte Waldstücke. 

Da wir noch reichlich Zeit hatten bis unsere Fähre in Caleta Yungay ablegen sollte, entschieden wir uns einen Abstecher nach Tortel zu machen. Dies wurde uns von mehreren Reisenden empfohlen: Das Dorf ist an einem Hang gebaut und statt Strassen gibt es ein Wegenetz aus Holz. 


Auf dem Rückweg von Caleta Tortel nach Caleta Yungay konnte ich noch dieses schöne Foto von Laura aufnehmen:

Nach rund 60 Kilometern kamen wir in Caleta Yungay an, wo wir die Fähre nach Puerto Natales im südlichen Patagonien bestiegen.

Damit endete unsere Fahrt auf der Carretera Austral.

Ein Kommentar

  1. verschlungen und für gut befunden … geile reise.
    wann geht´s weiter?
    gruß, fish

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.